Populismus entlarven

Populistische Parolen auf öffentlichen Bühnen und am Stammtisch, rassistische oder frauenfeindliche „Witze“, menschenverachtende Sprüche und rechtsextreme Positionen nehmen in unserer Gesellschaft zu. Populismus schürt Hass, Angst und menschenfeindliches Gedankengut in einer Gesellschaft. Durch Verallgemeinerungen und Unterstellungen werden Menschengruppen ausgegrenzt und mit Vorurteilen behaftet.
In diesen Situationen ist es wichtig, nicht zu schweigen, sondern mit Wissen und Fakten zu kontern:
1. Parole: „Frauen sind doch längst gleichberechtigt! Was wollt ihr denn noch?“
- Frauen verdienen nach wie vor bei gleicher Tätigkeit und gleicher Qualifikation weniger als Männer (vgl. Gender Pay Gap, Parole 2).
- Frauen übernehmen nach wie vor den größten Teil unbezahlter Sorgearbeit. So wenden Frauen pro Tag durchschnittlich 44,3 % mehr Zeit für Care-Arbeit auf als Männer (=Gender Care Gap).
- Wirtschaftliche Nachteile für Frauen sind die Folge: Teilzeitbeschäftigung, niedrigere Renten.
- Altersarmut betrifft dadurch überwiegend Frauen. Frauen erhalten durchschnittlich eine um knapp 40 % geringere Rente, als Männer (=Gender Pension Gap). 70 % der heute berufstätigen Frauen sind im Alter armutsgefährdet.
- Frauen sind nach wie vor in Führungspositionen unterrepräsentiert, obwohl es mehr weibliche Hochschulabsolvent*innen als männliche gibt. (Vgl. Parole 3).
- Geschlechtsspezifische Ungleichheiten im Gesundheitssystem (Gender Health Gap). Jahrzehntelang konzentrierte sich die Gesundheitsforschung ausschließlich auf den männlichen Körper und berücksichtigte keine geschlechtsbedingten Unterschiede zum weiblichen Körper (Hormonhaushalt, Körperbau, Stoffwechsel).
- Die Repräsentanz und Teilhabe von Frauen in der Politik liegt nach wie vor weit unter der von Männern.
Quellen: Armut in Deutschland: Wie Frauen in der Armutsfalle landen – ZDFheute, Wenn´s nur Kehren wäre – Care-Wende jetzt – KDFB Landesverband Bayern e.V., BMFSFJ – Gender Care Gap – ein Indikator für die Gleichstellung, Frauen in Führungspositionen – Statistisches Bundesamt, Gleichstellungsindikatoren – Statistisches Bundesamt, Gender Health Gap: das steckt dahinter | FOCUS.de, Frauen in nationalen Parlamenten: Deutschland mit einem Anteil von 35,3 % weltweit auf Platz 47 – Statistisches Bundesamt
2. Parole: „Frauen verdienen nur weniger, weil sie weniger arbeiten!“
- Gender Pay Gap 2024: Die unbereinigte Lohnlücke betrug in Deutschland 16 % pro Stunde (berücksichtigt alle Erwerbstätigen, ignoriert jedoch strukturelle Unterschiede).
- Die bereinigte Lohnlücke (unter Berücksichtigung von Beruf, Arbeitszeit, Bildung) liegt immer noch bei 6 %.
Frauen verdienen selbst bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit im Durchschnitt 4,10 € Brutto pro Stunde weniger.
Quelle: Gender Pay Gap sinkt 2024 im Vergleich zum Vorjahr von 18 % auf 16 % – Statistisches Bundesamt
3. Parole: „Frauen sind einfach nicht für Führungspositionen gemacht!“
- Nur 24,1 % der Führungspositionen in Deutschland sind von Frauen besetzt.
- Der Grund dafür liegt nicht an geringeren Kompetenzen, sondern an kulturellen und unbewussten Vorurteilen, die ihren Aufstieg behindern.
- Frauen werden in Führungspositionen genauso effektiv wahrgenommen wie Männer.
- In 360-Grad-Bewertungen schnitten Frauen in 17 von 19 Führungsfähigkeiten besser ab als Männer. Frauen übertrafen Männer in Initiative, Resilienz, Selbstentwicklung und Integrität.
- Frauen bewerten ihre Führungsfähigkeiten bei der Selbsteinschätzung oft weniger großzügig.
- Der Mangel an Frauen in Führungsrollen liegt oft an fehlenden Möglichkeiten, nicht an mangelnder Kompetenz.
Quellen: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/575509/umfrage/frauenanteil-in-fuehrungspositionen-in-deutschland-nach-branchen/, https://hbr.org/2019/06/research-women-score-higher-than-men-in-most-leadership-skills
4. Parole: „Kinder brauchen eine Mutter und einen Vater!“
- Studien zeigen, dass Kinder in Regenbogenfamilien sich in emotionaler, sozialer und intellektueller Entwicklung genauso gut entwickeln wie in traditionellen Familien.
- Sie haben oft höhere Selbstwerte und mehr Autonomie.
- Ein positives Familienklima und gleichberechtigte Aufgabenverteilung tragen zu ihrem Wohlbefinden bei.
- Kinder profitieren von Offenheit und Toleranz und erzielen häufig bessere schulische Leistungen.
- Die sexuelle Orientierung der Eltern hat keinen negativen Einfluss auf das Kindeswohl.
- Entscheidend für das Wohl des Kindes sind Beziehungsqualität und das Familienklima (Cornell University, Überblick über Studien & Frankfurter Rundschau).
- Eine Scheidung oder Trennung kann trotz der Herausforderungen manchmal das Beste für Kinder sein: Wenn das familiäre Umfeld harmonischer wird und die Eltern besser kooperieren, profitieren die Kinder davon.
Quelle: https://www.lsvd.de/de/ct/817-Gleichgeschlechtliche-Eltern-Studien-ueber-Kinder-in-Regenbogenfamilien, https://whatweknow.inequality.cornell.edu/topics/lgbt-equality/what-does-the-scholarly-research-say-about-the-wellbeing-of-children-with-gay-or-lesbian-parents/, https://www.fr.de/meinung/hauptsache-liebe-11517246.html, https://link.springer.com/referenceworkentry/10.1007/978-3-658-35215-8_22-1, Trennung der Eltern: Warum sie für Kinder auch gut sein kann | Eltern.de
5. Parole: „Die Meinungsfreiheit wird durch ‚Political Correctness‘ eingeschränkt!“
- Meinungsfreiheit ist in Deutschland gesetzlich geschützt und nicht durch gesellschaftliche Normen eingeschränkt (Art. 5 Abs. 1, Satz 1 GG: Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.).
- Die Meinungsfreiheit endet bei nachweislich falschen Tatsachen, Beleidigungen oder Verletzung der Menschenwürde.
- Politische Korrektheit schränkt die Meinungsfreiheit nicht ein, sondern betrifft die Wortwahl.
- Ziel ist es, abwertende Begriffe zu vermeiden und einen respektvollen, inklusiven Diskurs zu fördern.
Quellen: https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte-der-bundesregierung/75-jahre-grundgesetz/meinungs-und-pressefreiheit-2274858, https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/306446/politisch-korrekte-sprache-und-redefreiheit/, https://www.nationalgeographic.de/geschichte-und-kultur/2024/04/meinungsfreiheit-grundgesetz-in-deutschland-man-darf-so-einiges-sagen
6. Parole: „Die EU kostet uns nur Geld – raus aus der EU!“
- Deutschland zahlt in die EU ein, profitiert aber stark vom Binnenmarkt.
- Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hätte ein Dexit massive wirtschaftliche Folgen.
- Das BIP würde in fünf Jahren um 5,6 % sinken, was einem Verlust von 690 Milliarden Euro entspricht.
- Etwa 2,5 Millionen Arbeitsplätze würden verloren gehen.
- Die wirtschaftlichen Schäden wären vergleichbar mit den Folgen der Corona- und Energiekrise.
- Die EU fördert nicht nur Wohlstand, sondern auch Offenheit, Freiheit und Frieden.
7. Parole: „Klima- und Umweltschutzmaßnahmen sind schlecht für die Wirtschaft.”
- Eine amibitionierte Klimaschutzpolitik schafft Arbeitsplätze.
- Die Modernisierung der Volkswirtschaft wird beschleunigt.
- Export- und Binnenmärkte werden gestärkt.
- Die jährlichen Schäden durch Umweltkatastrophen, die sich durch die Klimaerwärmung vermehren, stellen eine große wirtschaftliche Belastung dar.
Quelle: Klimaschutz lohnt sich für die deutsche Wirtschaft | Umweltbundesamt, Naturkatastrophen verursachen Milliardenschäden: Kosten höher als noch vor zehn Jahren
8. Parole: „Menschen, die Bürgergeld empfangen leben im Luxus!“
- Das Bürgergeld von 563 € für Alleinstehende liegt weit unter der Armutsgrenze von etwa 1.250 € pro Monat.
- Die Armutsgrenze entspricht ca. 60 % des mittleren Einkommens in Deutschland.
- Das Bürgergeld reicht nicht aus, um die grundlegenden Lebenshaltungskosten zu decken.
- Miete und Heizkosten werden zusätzlich übernommen, aber mit 563 € müssen Lebensmittel, Kleidung und persönliche Ausgaben finanziert werden.
- Selbst bei sparsamer Lebensweise bleibt kaum Spielraum für unvorhergesehene Ausgaben oder soziale Teilhabe.
- Viele Menschen, die auf Bürgergeld angewiesen sind, leben daher unterhalb der Armutsgrenze und können kein menschenwürdiges Leben führen.
- Alleinstehende Erwachsene, die Asyl beantragen, erhalten nur 402 € monatlich.
Quellen: https://www.dgb.de/service/ratgeber/buergergeld/, https://www.bmas.de/DE/Soziales/Sozialhilfe/LeistungenAsylbewerberleistungsgesetz/leistungssaetze-asylbewerberleistungsgesetz.html
9. Parole: „Deutschland den Deutschen“
- Parolen wie diese erinnern an nationalsozialistische Ideologien, die zu verheerenden Konsequenzen führten. Die Wiederholung dieser Slogans kann als Verharmlosung unserer Geschichte gesehen werden.
- Deutschland ist ein Einwanderungsland. 29,7 % der Bevölkerung Deutschlands haben einen Migrationshintergrund.
- Zahlreiche Studien belegen, dass Migranten einen positiven Beitrag zur deutschen Wirtschaft und Gesellschaft leisten. Sie tragen zur Vielfalt bei und unterstützen den Arbeitsmarkt in verschiedenen Branchen.
- Allein in Ostdeutschland erwirtschafteten 2023 ausländische Beschäftigte ohne deutschen Pass 24,6 Milliarden Euro (entspricht 5,6 % der ostdeutschen Bruttowertschöpfung). Sie stützen damit die ostdeutsche Wirtschaft laut einer Studie aus 2024 des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).
- Die deutsche Wirtschaft steht aufgrund des demografischen Wandels und des Ausscheidens der Babyboomer-Generation aus dem Arbeitsmarkt vor einem zunehmenden Arbeits- und Fachkräftemangel. Um die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft zu sichern, ist Deutschland auf Zuwanderung angewiesen. Beispielsweise macht der Anteil an ausländischem Pflegepersonal 14% aus.
Quellen: BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – Migrationsbericht 2023 – Migrationsbericht 2023, Ausländer erwirtschaften im Osten 24,6 Milliarden Euro – Institut der deutschen Wirtschaft (IW), DIW Berlin: Mehr Migration könnte Potenzialwachstum der deutschen Wirtschaft deutlich erhöhen, Das Beschäftigungswachstum in der Pflege wird inzwischen ausschließlich von ausländischen Beschäftigten getragen – IAB – Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
10. Parole: „Ausländer sind kriminell und stellen eine Gefahr für unsere Frauen und Kinder dar!“
- Die Ergebnisse einer Analyse des ifo Instituts zeigen, dass Migration nach Deutschland nicht zu einer höheren Kriminalitätsrate an Zuzugsorten führt. Die Studie fand keinen Zusammenhang zwischen einem steigenden Ausländeranteil und der lokalen Kriminalitätsrate, auch nicht bei schweren Delikten wie Tötungen oder sexuellen Übergriffen.
- Es gibt keinen Beweis dafür, dass Migranten eine höhere Neigung zu Kriminalität haben als vergleichbare Einheimische: Die Überrepräsentation von Ausländern in der Kriminalstatistik ist auf herkunftsunabhängige Faktoren zurückzuführen wie die häufigere Ansiedlung in kriminelleren Gebieten und demografische Merkmale (jüngere und mehr männliche Migranten).
- Falsche Interpretation: Viele Delikte wie Meldeverstöße oder illegaler Grenzübertritt können nur von Personen ohne deutschen Pass begangen werden, fließen aber in die Statistik mit ein.
- Kriminalitätsstatistiken basieren meist auf Anzeigen, nicht auf Verurteilungen.
Quellen: Mehr Ausländer erhöhen die Kriminalitätsrate nicht | Pressemitteilung | ifo Institut