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Politische Gespräche zur Landtagswahl in Bayern

München, 27.07.2023

Im Rahmen unserer Kampagne „Bayern ist Vielfalt!“ zur Landtagswahl in Bayern verbrachten unsere Vorstandsfrauen Birgit Kainz und Tanja Pichlmeier sowie Vertreterinnen unserer Werke (Eva Fuchs – Verbraucherservice, Anne Reimers – Landesbildungswerk, Rita Schmaderer – Landfrauenvereinigung) am 19. Juli einen Tag im Bayerischen Landtag, um Gespräche mit den demokratischen Parteien im Landtag zu führen.

Es fanden Gespräche mit den Grünen, der FDP, der CSU und der SPD statt. Ein Termin mit den Freien Wählern ist leider nicht zustande gekommen.

Um eine Politik zu gewährleisten, die wirkliche Veränderungen hin zu einer gerechteren und solidarischeren Gesellschaft bewirkt und die Lebensrealitäten von Frauen und Jugendlichen berücksichtigt, ist ein paritätisch besetzter Landtag notwendig. Mit dieser Forderung und unseren damit verbundenen Schwerpunktthemen Geschlechtergerechtigkeit, Familienfreundlichkeit, Nachhaltigkeit, Weltoffenheit und Stärkung des Ehrenamtes sind unsere Vorstandsfrauen in die Gespräche mit den Parteien gegangen.

Ziel der Gespräche war es, unsere Forderungen zu erläutern, unsere Anträge der letzten Landesdelegiertenversammlung zu übergeben und eine Einschätzung zu erhalten, wie die einzelnen Parteien zu unseren Forderungen stehen.

Folgende Ergebnisse konnten aus den einzelnen Gesprächen mitgenommen werden:

Bündnis90/Die Grünen

Empfangen wurde der KDFB im Landtag neben der Spitzenkandidatin Katharina Schulze von Eva Lettenbauer (Vorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bayern), Julia Welford (Parlamentarische Beraterin für Digitalisierung und Frauenpolitik), Kristina König (Parlamentarische Beraterin für Sozialpolitik).

Katharina Schulze läutete das gemeinsame Gespräch mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für die Rechte von Frauen ein. Sie stehe als Spitzenkandidatin für eine „emanzipatorische Politik in allen Politikfeldern“, so Katharina Schulze. Die Grünen haben mit einem Frauenanteil von 45 % im Parlament eine paritätische Aufstellung beinahe erreicht. Ein gesellschaftlicher Wandel solle mit ihrer Partei im Landtag eingeschlagen werden. Frau Schulze sieht den Fehler im bestehenden System: Frauen können nicht mehr erwerbsarbeiten, als sie bereits tun. Es sei durch das System so gewohnt, weil in den Entscheidungspositionen Männer säßen. Eva Lettenbauer sieht zudem eine „große strukturelle Benachteiligung von der Hälfte der Gesellschaft“. Also fordern die Grünen ein „Hälfte-der-Macht-Gesetz“, denn „Women belong to all places, where decisions are made“ (Anm.d.Red.: Frauen gehören auf jene Plätze, von denen aus Entscheidungen getroffen werden.). Das „Hälfte-der-Macht-Gesetz“ soll durch Änderungen im Wahlrecht einen hälftigen Frauenanteil im Bayerischen Parlament sicherstellen.

Ein wichtiges Ziel der Grünen ist der Ausbau der Kinderbetreuungsplätze. Umgesetzt werden soll dies über eine Verbesserung der Ausbildung zum Erzieher*innen-Beruf, Ausbildungsmöglichkeiten wie Optiprax, mehr Flexibilität im Arbeitsalltag von Erzieher*innen, kürzere Arbeitstage sowie eine bessere Vergütung. Sie sehen auch die Erwerbsmigration als Chance sowie eine schnellere Anerkennung von Berufsabschlüssen.

Schulze und Lettenbauer setzen ein weiteres Schwerpunktthema auf Kinder und Jugendliche. Sie sehen es nicht als sinnvoll 1,1 Mrd. € jährlich für Eltern aufzubringen, sondern dieses Geld gezielt in den Ausbau der Kindereinrichtungen umzuschichten. Sie setzen ihren Fokus auf die frühkindliche Bildung. Geld solle investiert werden in Bildung, Fachpersonal und der Stärkung der Strukturen, so Schulze. Ein jedes Kind solle ein Recht auf Ganztagsbetreuung mit Qualitätsanspruch haben.

Regierungsprogramm der Grünen zur Landtagswahl 2023

Im Nachgang des Gesprächs verwiesen die Grünen auf folgende Anträge und Konzeptpapiere:

FDP

Teilnehmer*innen der Partei: Martin Hagen (Fraktionsvorsitzender und Spitzenkandidat der FDP), Julika Sandt (Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP sowie Sprecherin für Arbeit, Soziales, Familie, Frauen, Jugend, Senioren und Menschen mit Behinderung).

Die FDP ist mit einer weiblichen Abgeordneten im Bayerischen Landtag noch weit entfernt von einer paritätischen Aufstellung, sieht es jedoch als Ziel für ihre Partei. Eine gesetzlich verankerte Parität in der Politik sehen unsere Gesprächsteilnehmer*innen jedoch als schwierig an, da es im Widerspruch stünde mit einem freigewählten Parlament. Für Martin Hagen ist es eine „fortwährende Aufgabe aller politischen Akteure“, Frauen in der Politik sichtbar zu machen. Er sieht eine Selbstverpflichtung von Parteien, die ersten beiden Listenplätze paritätisch an eine Frau und einen Mann zu verteilen, sowie Doppelspitzen zu benennen, als Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen. Grundsätzlich nimmt die FDP jedoch Abstand von gesetzlichen Vorgaben zur Stärkung von Frauen in der Politik und sieht im Leistungsprinzip die Lösung.

Auch für die FDP ist die Entlastung von Familien sowie die schulische Bildung von Kindern und Jugendlichen weitere wichtige Themen. Die Partei kämpfe für mehr Kitaplätze, so Julika Sandt. „Frauen, die arbeiten möchten, bekommen keinen Kitaplatz“. Um dies zu ändern, müsse die Basiswert-Pauschale pro Kind an Kindertagesstätten erhöht werden. Sandt empfinde es als wichtig, Kinder so früh wie möglich in die Betreuung zu geben, um eine frühkindliche Bildung eines jeden Kindes sicherzustellen. Dafür brauche es mehr Erzieher*innen und eine hohe Qualität der Einrichtungen. Das Familiengeld sieht sie hierfür als nicht sinnvoll an. Die finanziellen Mittel, die sich aus der Abschaffung des Familiengeldes ergeben, sollen in den Ausbau der frühkindlichen Bildung fließen. Die professionelle Betreuung müsse Vorrang haben, so Sandt.

Das Thema Bildung im schulischen Bereich müsse laut Frau Sandt ebenso angegangen werden. Auch hier sind Ganztagsangebote für Sandt wichtig. Sie möchte die Qualitätsstandards bei der Mittagsbetreuung ausbauen. Kindern sollen zudem wirtschaftliche Grundkenntnisse vermittelt werden. Ebenso müssen Medienkompetenzen gestärkt werden, beispielsweise durch externe Experten, die zur Unterstützung an Schulen eingesetzt werden. Julika Sandt sieht es überdies als Chance, Schulen mehr Eigenverantwortung zu geben. Schüler und Lehrer könnten gemeinsam Schule gestalten, davon ist Sandt überzeugt.

Wahlprogramm der FDP zur Landtagswahl

CSU

Gesprächsteilnehmerin der Partei: Ulrike Scharf (Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales)

Das CSU-Regierungskabinett setzt sich aus 11 Männern und 4 Frauen zusammen. CSU-Chef Markus Söder trat mit der Prämisse an, die Partei weiblicher und jünger zu machen. Ein Umbruch zeichnet sich ab. Bislang jedoch nur hinsichtlich der Verjüngung der Partei. Viele ältere Abgeordnete treten nicht mehr an. Deren Nachfolger sind jünger und männlich. Demnach ist die CSU von einer paritätischen Aufstellung noch weit entfernt. Sie arbeiten nach eigener Aussage jedoch daran.

Ulrike Scharf ist der Überzeugung „ohne Frauen ist keine Volkspartei zu schaffen“.  Eine gesetzliche Verankerung sieht sie aufgrund der Wahlfreiheit aus rechtlicher Sicht jedoch nicht als möglich. Ihrer Ansicht nach ist es ein Weg, am Bewusstsein der Männer und Frauen zu arbeiten. Frauen müssen kämpfen sowie Konfliktbereitschaft und -fähigkeit besitzen, um sich im politischen Umfeld zu behaupten, meint Scharf. Mentoringprogramme zur Befähigung von Frauen in der Politik nennt Scharf als einen Ansatz.

Einsätzen möchte sich die Sozialministerin auch für Familien, Kinder und Jugendliche. Es braucht die Müterrente III, ist Scharf überzeugt. Zudem sei die Anerkennung jeglicher Pflegeleitungen unumgänglich, so Scharf. Zudem sieht sie eine Notwendigkeit in der Aufstockung der Mittel für den Ausbau der Jugendsozialarbeit sowie für die Leistungserhöhung beim Bildungs- und Teilhabegesetz. Auch die Kindergrundsicherung müsse gewährleistet werden, bekräftigt Scharf. Sie müsse leichter zugänglich, beispielsweise digitalisiert werden.

Regierungsprogramm der CSU zur Landtagswahl

SPD

Teilnehmerin der Partei: Ruth Müller (Generalsekretärin der BayernSPD)

Die SPD im Landtag hat eine paritätische Fraktion bereits erreicht. Die Selbstverpflichtung zum „Reißverschlussprinzip“ bei der Verteilung der Listenplätze sei das Erfolgsprinzip hierfür, erläutert Ruth Müller zu Beginn des Gesprächs. Die SPD sowie die Grünen haben diese Selbstverpflichtung für sich beschlossen. Es sei für die Parteien wichtig, dass sie Frauen aufstellen, so Müller. Dazu sollen Parteien motiviert werden. Jedoch müssen die Voraussetzungen und Strukturen verbessert werden, sodass Frauen überhaupt politisch aktiv sein können. Es bedarf familien- und frauenfreundlichere Strukturen. So unter anderem, familienfreundlichere Sitzungszeiten und die Nutzung der gegebenen Möglichkeiten durch die Digitalisierung. Strukturen werden sich jedoch nur ändern, wenn wir mehr Frauen in politischen Ämtern haben, ist Ruth Müller überzeugt. Spezielle Frauen-Förderprogramme (z.B. Rhetorik-Kurse für Frauen) sieht Müller als ein weiterer wichtiger Bestandteil in der Stärkung von Frauen in der Politik.

Zu einem weiteren Thema im Gespräch mit Frau Müller wurde zusätzlich die Daseinsvorsorge eines Staates. Ruth Müller ist der Überzeugung, dass Dinge, die der Daseinsvorsorge dienen, nicht der Gewinnmaximierung dienen dürfen. Hierzu zu zählen ist unter anderem der Grundanspruch an Wasser, an Gesundheitsversorgung und an Bildung. Auch Kunst und Kultur muss für alle zugänglich sein, bekräftigt Müller.

Das Thema Wasser ist für den KDFB unter anderem von besonderer Wichtigkeit. Bereits seit 10 Jahren setzt sich der Frauenbund dafür ein, dass die Privatisierung bzw. die Nutzung der kostbaren Ressource Wasser durch Konzerne gestoppt wird. Die Situation verschärft sich jedoch zunehmend.

Mit dem abschließenden Zitat von Eleonora Duse: „Ohne Frauen geht es nicht. Das hat sogar der liebe Gott einsehen müssen.“ beendet Ruth Müller das Gespräch und den intensiven politischen Nachmittag des Frauenbundes im Landtag.

Wahlprogramm der SPD zur Landtagswahl

Fazit der Gespräche

Es ist festzustellen, dass Parität für alle Parteien ein Thema ist. Wie aus den Berichten herauszulesen ist, lassen sich jedoch Tendenzen feststellen, welche Parteien dem Thema eine hohe Gewichtung geben und wo konkrete Lösungsansätze verfolgt werden.

Der Katholische Deutsche Frauenbund setzt sich intensiv für eine paritätische Aufstellung des neuen Landtages in Bayern ein. Denn nur ein vielfältiger Landtag, in dem Frauen und junge Menschen selbst eine Stimme haben und in dem sie ihre Perspektive und ihren Blick auf die Gesellschaft direkt einbringen, wird ihrer Lebenswirklichkeit gerecht.

Nur so ist eine Politik gewährleistet, die echte Veränderungen hin zu einer gerechteren und solidarischeren Gesellschaft bewirkt.

Für einen vielfältigeren Landtag am 8.Oktober jung und weiblich wählen! Unsere Stimme zählt!

Link zum Wahl-O-Mat: Bayern 2023 | Wahl-O-Mat

Zur Website „Bayern ist Vielfalt“

Text: Stephanie Remagen

Der Katholische Deutsche Frauenbund Landesverband Bayern ist mit 135.000 Mitgliedern der größte Frauenverband des Freistaats. Gegründet 1911 von Ellen Ammann, setzt er sich für Gleichberechtigung und Chancengleichheit von Frauen in Kirche, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft ein.
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